Der vollversorgende pharmazeutische Großhandel in Deutschland fungiert als Bindeglied zwischen den pharmazeutischen Unternehmen als Hersteller apothekenpflichtiger Arzneimittel und den Apotheken und ist im Rahmen seines öffentlichen Versorgungsauftrags wesentlich beteiligt an der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung.
Er übernimmt hierbei in seiner Rolle als Logistiker die wesentlichen Supply-Chain-Management Aufgaben in diesem Bereich, also in Unternehmen der pharmazeutischen Industrie einen freien Zugang zum Markt gewährleistet, ein Sortiment von ca. 100,000 Artikel, zu dem neben Arzneimitteln auch andere apothekenübliche Waren zählen, bevorratet und aus diesem jede Apotheke mit bis zu drei Lieferungen innerhalb von 24 Stunden bedarfsgerecht versorgt.
Für seine Dienstleistungen kalkuliert der pharmazeutische Großhandel für Arzneimittel eine Großhandelsspanne deren Berechnung zuletzt im Arzneimittelneuordnungsgesetz von 2012 neu festgelegt wurde. Sie basiert auf einer Mischkalkulation, bestehend aus einer fixen und einer variablen Komponente, über das Vollsortiment aller apothekenpflichtigen Arzneimittel.
Im Verlauf der letzten Jahre haben sich in der Zusammensetzung dieses Sortiments in einigen Teilbereichen wesentliche Veränderungen ergeben. So lässt sich zum Beispiel beobachten, dass der Anteil von Arzneimitteln, deren Lagerhaltung und Vertrieb überdurchschnittlich hohe Kosten verursachen - sei es gesetzlich bedingt durch besondere Sicherheitsstandards bei Betäubungsmitteln oder technisch bedingt bei kühl- und kühlkettenpflichtigen Produkten - überproportional atark gestiegen ist. Bei unveränderten Parametern für die Handelsspanne ergibt sich als unmittelbare Konsequenz hieraus eine sinkende Marge.
Neben dem aufwands- und kostenintensiven Sortimentsbereich ist auch der überproportional gestiegene Umsatzanteil an hochpreisigen Arzneimitteln der im pharmazeutischen Großhandel auf die Marge drückt. Für diese sieht der Gesetzgeber eine Deckelung der Großhandelsspanne bei 38,50 Euro vor, woraus ab einem Artikelpreis von 1200 Euro ez prozentual kontinuierlich sinkende Spanne resultiert. Für den Großhandel al Eigentümer der Ware bedeutet dies eine steigende Kapitalbindung bei geringer Rentabilität.
Eine moderne, forecast-getriebene, Replenishment Lösung ist in der Lage mittels Maschine-Learning Algorithmen alle wesentlichen Einflussfaktoren für den Bedarf jedes einzelnen Artikels zu erfassen und auszuwerten. Die so gewonnenen Umsatzprognosen weisen in der Regel eine höhere Genauigkeit auf, als dies mit herkömmlichen statistischen Vorhersagemethoden bisher möglich war. In Kombination mit einer vollintegrierten Supply Chain, bei der eine mehrstufige Bedarfsermittlung beginnend beim Endabnehmer über eventuelle Zwischenläger bis hin zum Zentrallager in den Orderprozess beim Hersteller einfließt, eröffnen sich Möglichkeiten die Höhe und Dauer der Bevorratung von Sortimentbestandteilen ohne Einfluss auf den Servicelevel zu minimieren. Im Falle von aufwands- und kostenintensiven Arzneimitteln, ergeben sich daraus geringere Lagerhaltungskosten, während bei den hochpreisigen Arzneimitteln die Kapitalbindung sinkt.
Dirk Hansel
Senior Business Consultant at Wysupp
12 April 2021